Post by Ijon TichyPost by Stefan HoffmannEs ist schon so, die "Islamkritiker" in dieser Gruppe plappern
snipped
Post by Stefan Hoffmannhttp://www.glanzundelend.de/glanzneu/dawkins.htm
Wäre schön, wenn da auch mal eigene Gedanken kämen. Oder können sie
nicht mehr?
Ich muss jetzt doch auch mal meinen Senf dazugeben.
Zunächst einmal die Frage, wer ist eigentlich Gregor Keuschnig? Ein
Blogger von anscheinend christlicher Couleur, der sich an Dawkins
stört. Nunja, das ist sein gutes Recht. Aber ich kann nicht erkennen,
dass er mit mehr Autorität spräche als jeder andere Privatmann auch -
von der inhaltlichen Qualität seiner Äußerungen will ich schweigen.
Schau dir die Startseiten seiner beiden Blogs an:
http://www.glanzundelend.de/startseite.htm
http://www.begleitschreiben.net/
Macht auf mich nicht den Eindruck von besonders christlicher Couleur.
Post by Ijon TichyIm weiteren, wer plappert hier (in d.s.w.i) Dawkins nach?
Ich finde hier recht wenig Dawkins-Anhänger und noch weniger
Dawkinssche Inhalte.
Richard Dawkins vertritt einen evolutionären Humanismus.
Das beinhaltet, dass der Mensch als soziales, von Natur aus in Gruppen
lebendes Wesen, als Zoon politicon, aufgrund der Evolution über
angeborene Verhaltensweisen verfügt, die grundlegend sind für jedwede
Ethik. Die Fähigkeit zu ethischem Verhalten ist mithin NICHT
gottgegeben, wie uns die Vertreter der Religionen glauben machen
wollen, sondern eine evolutionär gegebene *überlebensnotwendige*
Verhaltensweise.
Weiterhin ist es ein *humanistischer* Grundsatz, dass alle Menschen
gleich seien. Wenn ich einige "Islam-Kritiker" hier so lese, dann
schimmert da vielfach die Ansicht durch, Muslime seien, eben weil sie
Muslime sind und Unsinn glauben, geistig minderbemittelt (Sarrazin
lässt grüßen). Insofern stehen diese Poster nicht auf einer Linie mit
Dawkins, sondern in krassem Gegensatz zu diesem.
Grundsätzlich richtig, falls Dawkins wirklich ein Humanist ist. Aber ist
er das denn? Auf der philosophische Webseite Tabularasa hält man auch
nicht viel von ihm:
"...Kennzeichnend für diese neue atheistische Bewegung ist es im
Gegensatz zum früheren, eher passiven Atheismus, dass sie keinerlei
Toleranz gegenüber der Religion zeigt und sie auf diese Weise ganz aus
der Welt zu eliminieren sucht. Auf den Punkt bringt diese Haltung die
Aussage von Dawkins, dass Religion nichts als "eine riesige
Verschwendung von Zeit und Menschenleben" und ein "Witz mit kosmischen
Ausmaß" ist, der letztlich "zu rein gar nichts" gut ist.2 Doch mit
dieser pauschalen Aussage und Haltung polarisiert und polemisiert
Dawkins nicht nur und verspottet Millionen von Menschen, die sich im
Namen einer Religion ernsthaft um eine bessere Welt bemühen. Es ehrt ihn
auch nicht gerade als Evolutionsbiologe, denn die Religion spielte, und
zwar im Verständnis eines vollkommen natürlichen Geschehens (!), in der
Evolution des Menschen ganz offensichtlich eine alles überragende
Rolle, die nicht einfach als "Witz mit kosmischen Ausmaß" abgetan werden
kann, der "zu rein gar nichts" gut ist. Dawkins erkennt über seine
berechtigte Kritik hinaus nicht den großen praktischen Nutzen der
Religion, wie es etwa trotz aller vernichtenden Kritik an den
metaphysischen Vorstellungen Kant zu eigen war, und damit vergibt
Dawkins die große Chance zu einer neuen, wirklichen Aufklärung im Licht
der Evolutionstheorie. Diese neue evolutionäre Aufklärung würde zwar die
Religion gänzlich entmythologisieren, aber gleichzeitig die Achtung vor
diesem sehr alten und wirkmächtigen natürlichen Phänomen als
erfolgreiches "Werkzeug" der Evolution bewahren - und damit auch vor den
Gläubigen! Da die Neuen Atheisten die Religion nicht als Phänomen der
Evolution verstehen, können sie auch keinen gangbaren Weg zur
Überwindung der religiös bedingten Probleme in der heutigen
globalisierten Welt aufzeigen. Sie setzen nur auf Polemik, Konfrontation
und Vernichtungswillen, weswegen sie auch nicht, wie sie es gerne tun,
das Humane für sich in Anspruch nehmen können..."
"...Auch die Erklärung der Religion als reine Fehlfunktion anderer
Verhaltensweisen ist äußerst dürftig und wird dem Ausmaß des Phänomens
der Religion in der menschlichen Entwicklungsgeschichte in keiner Weise
gerecht. Dawkins selbst zitiert Darwin, dass "die natürliche Zuchtwahl
täglich und stündlich durch die ganze Welt beschäftigt [ist], eine jede,
auch geringste Abänderung zu prüfen, sie zu verwerfen, wenn sie
schlecht, und sie zu erhalten und zu vermehren, wenn sie gut ist."29 Es
kann unter dieser Voraussetzung und Funktionsweise der Evolution einfach
nicht sein, dass hierbei eine reine Fehlfunktion sich nicht nur über
Jahrtausende erhält, sondern sich dazu noch in restlos allen Völkern
ausbreitet und zu einem "Witz mit kosmischen Ausmaß" aufbläht. Diese
Annahme ist mit der Funktionsweise und dem Verständnis der Evolution
schlicht nicht vereinbar. Die Evolution hätte, wenn die Religion
tatsächlich nur eine Fehlfunktion wäre, sehr schnell ein Volk
hervorgebracht, das nicht mit diesen Fehlfunktionen und Träumereien
behaftet wäre, welches darin einen entscheidenden Lebensvorteil gehabt
hätte. Doch dieses Volk ohne Religion hat es in der
Menschheitsgeschichte nicht gegeben - bzw. es konnte nicht überleben..."
http://www.tabvlarasa.de/30/Ehlert.php
Daß er also die Evolutionstheorie nur da gelten läßt, wo es ihm
persönlich in den Kram paßt, spricht nicht gerade für wissenschaftliche
Unvoreingenommenheit, oder? Wer so vorgeht, ist entweder viel zu
ungeduldig mit der Menschheit oder es stand für ihn von vornherein fest,
daß Religion grundsätzlich Scheiße ist, so wie für einen Christ von
vornherein feststeht, daß Jesus Gott ist. Unter Humanismus verstehe ich
etwas anderes.
Post by Ijon TichyDawkins fordert im weiteren (wie idealerweise jeder Wissenschaftler)
kritische Prüfung von (Glaubens)aussagen. Er fordert mithin
Skeptizismus und keinen "blinden Glauben". Wenn ich mir die
Schlampigkeit und Selektivität im Umgang mit Fakten und die
Borniertheit (als Beharren auf widerlegten Aussagen) ansehe, die man
hier allenthalben antrifft, dann kann ich da auch keine Jünger
Dawkins finden.
Mit der Unvoreingenommenheit der Skeptikerbewegung scheint es auch nicht
immer so weit her zu sein:
(8) Sogar entdeckte, teils peinliche nachweisliche Fehler und
Falschbehauptungen von einzelnen Mitgliedern werden organisationsintern
kaum kritisiert (und schon gar nicht öffentlich!), sondern werden
geduldet, solange sie hinsichtlich ihrer Zielrichtung den eigenen
Überzeugungen nicht zuwider laufen. "Hauptsache dagegen!" scheint für
viele die Devise zu sein. So war es beispielsweise möglich, dass ein
früheres GWUP-Mitglied jahrelang Gauquelins These eines "Mars-Effekts"
mit nachweislich falschen Argumenten heftig attackierte. Sogar als diese
Person (aus anderen Gründen) nicht mehr GWUP-Mitglied war, sah sich
außer mir keiner zu einer kritischen Aufarbeitung genötigt. In vielen
anderen Beispielen haben mir Mitglieder unter vier Augen gesagt, dass
sie diese und jene Behauptungen anderer Mitglieder für nachweislich
falsch hielten, sie aber nicht offen kritisieren wollten, "um der
skeptischen Bewegung nicht zu schaden".
(8) Empfundene Gefahren- und Bedrohungspotentiale spielen eine große
Rolle für jene "Skeptiker" und ihre Motivation. "Defending the rational
world from a rising tide of nonsense" (Paul Kurtz) sei eine für den
zukünftigen Bestand der Gesellschaft und der Menschheit
überlebenswichtige Aufgabe, die alle Anstrengungen erfordere. In diesem
Zusammenhang werden auch (9) die gesellschaftliche Bedeutung und die
Einflussmöglichkeiten der eigenen Gruppe, also der
"Skeptiker"-Organisation,
von vielen Mitgliedern maßlos überschätzt. Man sieht sich als einmalige
und unverzichtbare Elite, von deren Agieren die weitere Entwicklung der
Gesellschaft maßgeblich abhänge.
(37) Eigene Untersuchungstätigkeit zu Parawissenschaften tritt in der
Regel gar nicht auf, denn es sei ja ohnehin schon klar, daß alles
"Quatsch" ist, was solle man denn noch untersuchen? (38) Wenn überhaupt
"Untersuchungen" vorgenommen werden, dann nur, um einer breiten
Öffentlichkeit zu demonstrieren, was man ohnehin schon für gesichert
hält (der Ausdruck "Demonstrationen" wäre also angemessener), jedoch
nicht, um Fragen nachzuspüren, die man noch für offen erachtet und bei
denen man ernsthaften Forschungsbedarf sieht. Im letzteren Fall
bestünde - da die finanziellen Mittel begrenzt sind - ein
Konkurrenzverhältnis zur Öffentlichkeitsarbeit, die innerhalb der GWUP
ohne jeden Zweifel das absolute Primat genießt. Da es innerhalb der
Parawissenschaften nichts mehr ernsthaft zu untersuchen gebe, seien
entsprechende Untersuchungen Zeit- und Geldverschwendung; die Mittel
sollten besser für eine Intensivierung der Öffentlichkeitsarbeit
verwendet werden. Wenn ich die Überzeugung habe, dass ein bestimmter
Effekt nicht existiert, warum sollte ich viel Zeit und Geld aufwenden,
um diesen angeblichen Effekt zu untersuchen? Lieber die Öffentlichkeit
von meiner Meinung überzeugen. Aber das ist keine Wissenschaft, es ist
letztlich eine religiös-missionarische Haltung.
http://www.skeptizismus.de/syndrom.html
Also Lagerdenken, Panikmache und missionarischer Eifer. Genau dasselbe
wie bei den "Islamkritikern".
Post by Ijon Tichy- Und ja, ich persönlich finde, Richard Dawkins hat recht, wenn er
sagt, religiöser Glaube an "Gott" sei ein Wahn.
- Und er hat weiterhin recht, wenn er sagt, religiöse Erziehung bei
Kindern sei *geistiger* Missbrauch.
Er soll auch gesagt haben, religiöse Erziehung sei schlimmer als
sexueller Kindesmißbrauch. Falls das wirklich stimmen sollte, spricht
auch das nicht für ihn, um es mal milde auszudrücken. Ich sehe immer
noch viel mehr Parallelen als Unterschiede zwischen den
Dawkins-Anhängern und den "Islamkritikern" hier. Gewisse Andockstellen
wird es also geben. Sonst würde man hier auch nicht versuchen, Dawkins
in Schutz zu nehmen.
Stefan
--
Mit der Dummheit kämpfen selbst Götter vergebens